Die bürgerlichen Parteien von SVP bis GLP ignorieren in Wohn- und Finanzpolitik deutliche Abstimmungsergebnisse und politisieren damit an der Bevölkerung vorbei. Ob das dem Basler Mittelstand verborgen bleibt?

Baschi Dürr bläst gemäss Onlinereports zum Angriff: Es brauche eine bürgerliche Regierung um linken Ideen Paroli zu bieten. Und auch die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat müsse gestärkt werden. Der ehemalige Farner-Kommunikationsprofi tat dabei linke Anliegen als «Spleens» ab. Und bezog sich explizit auf die Wohnpolitik.

Die Wohnpolitik, bei der linke «Spleens» in den letzten Abstimmungen jeweils eine sehr deutliche Zustimmung der Baslerinnen und Basler erhalten haben. Dürr ist aber nicht der einzige Bürgerliche, der Mühe hat, die Verdikte des Souveräns zu akzeptieren. In der Wohnschutz-Debatte im Grossen Rat vom April relativierten die Sprecherinnen von LDP und CVP mit abenteuerlichen Argumenten die 62 Prozent Zustimmung vom Juni 2018 (vgl. Video hier).

Volksentscheid wurde innerhalb von einem halben Jahr rückgängig gemacht

Das ist nicht das einzige Beispiel. Die Stimmbevölkerung stimmte am 10. Februar 2019 einer Erhöhung der Dividendenbesteuerung um 30 Mio CHF zu. Diese Erhöhung war Teil einer Gegenfinanzierung für 170 Mio. CHF tiefere Unternehmens- und Kapitalsteuern im Rahmen der Steuervorlage 17. Am 19. Mai wurde auch die Topverdienersteuer gutgeheissen, welche die Steuern für höchste Einkommen den umliegenden Baselbieter Gemeinden angleicht.  

Bereits am 23. Oktober desselben Jahres drückte die bürgerliche Mehrheit von SVP bis GLP einen Vorstoss zur Rückgängigmachung der erhöhten Dividendenbesteuerung durch. In einer Zeit, in der der Kanton sehr viel Geld ausgibt, um die Corona-Krise zu bewältigen, bestätigte die bürgerliche Mehrheit diese und weitere Senkungen. Und schanzt damit während der Krise und steigenden Arbeitslosenzahlen den Gutverdienenden und Wohlhabenden insgesamt um 60 Mio. CHF zu.

Mittelstand heisst Wohlstand auf Abruf

Verstärkt diese krasse Arroganz gegenüber Volksentscheiden die Entfremdung der Stimmbevölkerung von den bürgerlichen Parteien? Die Basler Linke hat in der letzten Legislatur alle wichtigen Abstimmungen deutlich gewonnen. Bei den nationalen Wahlen 2019 holte der linke Block 52.4 Prozent und das rechte Lager 46.6 Prozent der Stimmen. Und in der Corona-Krise wurde einmal mehr deutlich, dass der Mittelstand nur über einen „Wohlstand auf Abruf“ verfügt (vgl. hier S. 94, Nichts als die Arbeitskraft). Er ist angewiesen auf bezahlbaren Wohnraum und in der Krise auf ein gutes soziales Netz. Dafür steht die Linke ein, während die bürgerliche Mehrheit von SVP bis GLP Politik für die Wohlhabenden macht. Ich denke, immer mehr Leute merken das.

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