Am 8. Dezember hat der baselstädtische Grosse Rat die Petition „Keine Durchseuchung an der Basler Schulen“ an den Regierungsrat überwiesen. Hier mein Votum in schriftlicher Form.

Die Petition „Keine Durchseuchung an den Basler Schulen“ fordert im Kern, dass die Ausbreitung von Corona an den Schulen aktiv mit Massnahmen bekämpft wird. Sie widerspricht der Haltung, dass es faktisch nur zwei Wege gebe, der Pandemie an den Schulen zu begegnen. Seit das Thema nach den Sommerferien kontrovers diskutiert wird, fällt oft der Satz: «Wir könnten eine Ansteckung der Kinder nur verhindern, wenn man die Schulen schliesst und die Kinder komplett isoliert.» Durchseuchung oder Schulschliessung. Etwas anderes sei nicht möglich.

Dem widersprechen die Petitionärinnen und Petitionäre. Sie fordern Massnahmen, um die Ausbreitung an den Schulen möglichst gering zu halten. Die SP-Fraktion unterstützt diese Forderung. Wir fordern eine Kursänderung bei der Corona-Politik an unseren Schulen. Dabei sind wir nicht allein. Das fordern auch viele Wissenschafter:innen. Zum Beispiel sagte der Vizepräsident der Science Task Force, Urs Karrer , am Point de presse des Bundesrates vom 7. Dezember, dass die Massnahmen an den Schulen ungenügend seien und dass die Weihnachtsferien dazu genützt werden sollten, die Massnahmen zu überdenken und anzupassen.

Die Massnahmen an den Schulen sind derzeit ungenügend. Das Erziehungsdepartement hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Obwohl wir alle auf eine Normalisierung gehofft haben, eskaliert die Pandemie aktuell wieder. Sie eskaliert in den Spitälern, in den Intensivpflegeabteilungen. Und sie eskaliert an den Schulen. Ich weiss nicht, ob das allen hier im Grossen Rat bewusst ist: Die Zahlen der positiv getesteten Minderjährigen sind im November explodiert wie nie zu vor. Sie liegen derzeit auf einem absoluten Allzeithoch. Es gab im November fast drei Mal so viele positiv getestete Minderjährige als im bisherigen Spitzenmonat August. Schulen werden so zu Pandemietreibern.

Coronavirus (Covid-19): Positiv getestete Minderjährige in 3-Jahresklassen

Quelle: Covid 19-Dashboard des Statistischen Amtes Basel-Stadt.

Das Bittere ist: Die vorliegende Petition hat im September genau vor dieser Situation gewarnt und Massnahmen verlangt. Zitat aus dem Bericht der Petitionskommission:

«Es sei [der] dringliche Appell [der Petitionär:innen], nicht zu warten, bis die Ansteckungszahlen im Winter wieder stiegen und man die Fenster der Kälte wegen wieder schliesse (ohne Filter und CO2-Messgerät). Man habe eine Ausgangslage, die man nicht riskieren dürfe. Man wolle nicht warten bis die Spitäler wird voll seien und das Contact Tracing an seine Grenzen stosse. Man sollte jetzt dafür sorgen, dass die Kinder gut durch den Winter kämen.»

Leider wurde diese Warnung nicht ernstgenommen. Im September verwies das Erziehungsdepartement in einer Medienmitteilung auf die fallenden Zahlen und versprach, die Situation zu beobachten und allenfalls wieder Massnahmen zu ergreifen. Dieses Versprechen wurde nicht gehalten.

Ich sage es hier in aller Deutlichkeit: Ich kann nicht nachvollziehen, wieso die Leitung des Erziehungsdepartements sich dafür entschieden hat, sehenden Auges die heutige Situation entstehen zu lassen. Die Massnahmen an den Schulen sind derzeit ungenügend. Das Erziehungsdepartement hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Wir können die Pandemie nicht isoliert aus der Perspektive einzelner Bevölkerungsgruppen anschauen – wir können sie nur zusammen in den Griff bekommen.

Bei der Beurteilung von Massnahmen an den Schulen wird immer wieder drauf verwiesen, dass es bei Kindern keine schweren Verläufe gebe. Eine dosierte Durchseuchung der Kinder sei daher nicht weiter tragisch. Es stimmt tatsächlich, dass Kinder äusserst selten einen schweren Verlauf haben, aber:

Studien zu Long Covid zeigen, dass 3 bis11 Prozent der infizierten Kinder davon betroffen sind. Das wären in Basel-Stadt 500 bis über 2000 Kinder. Die Impfung kommt bald. Die Eltern sollen entscheiden können, ob sie ihre Kinder impfen oder eine Ansteckung riskieren wollen.

Schulen werden zu Pandemietreibern. Wir können die Pandemie nicht isoliert aus der Perspektive einzelner Bevölkerungsgruppen anschauen – wir können sie nur zusammen in den Griff bekommen. Nur wenn wir alle schützen, können wir unsere Gesellschaft schützen. Wenn das Kinderzimmer brennt, steht bald das ganze Haus in Flammen.

Es sind viele Eltern, die nicht zufrieden sind mit dem aktuellen Management der Pandemie an den Schulen. Auch viele Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich nicht genug untersützt. Und sie fühlen sich auch nicht ernst genommen.

Es braucht zusätzliche Massnahmen. Welche Massnahmen das sind, kann ich nicht sagen. Ich bin kein Fachmann. Das müssen die Fachleute in den Departmenten machen. Ich sehe einfach, dass einige der Massnahmen, die genannt werden, in früheren Phasen der Pandemie umgesetzt wurden. Die vorliegende Petition ist besonders. Eine Antwort in der üblichen Frist von drei Monaten wird nicht reichen. Das Erziehungsdepartment muss jetzt die Weihnachtsferien nützen, um seine Massnahmen zu überdenken.

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