Seit Jahren muss das Kleinbasel als Projektionsfläche für die Phobien populistischer Politiker und kleingeistiger Mitbürger herhalten. So auch wieder im aktuellen Basler Wahlkampf (s. Artikel in der TaWo). In der Wahrnehmung dieser Zeitgenossen ist das untere Kleinbasel ein Ghetto, in das man sich nur mit schusssicheren Westen begeben kann. Alles Übel kommt aus diesem Quartier. Ich bin am Matthäusplatz aufgewachsen und fordere endlich Gerechtigkeit für diesen wunderbaren Stadtteil. Bereits zu meiner Schulzeit im Bläsi zwischen 1982 und 1986 waren mehr als die Hälfte der Klasse keine Schweizer. Und aus mir ist trotzdem etwas geworden. Genauso wie aus meinem 13 Jahre jüngeren Bruder, obwohl er sogar nur einen Schweizer Mitschüler hatte. Ich danke meinen Eltern, dass sie nicht weggezogen sind, als wir ins Schulalter kamen. So wie viele andere, auch linke Familien. Denn ich habe viel mitbekommen für’s Leben. Klar, manchmal gab es auch die eine oder andere Rauferei. Ich hatte allerdings auch mit rechten Jugendlichen Stress. Offenbar war ich damals schon als Linker erkennbar.

Ich fordere Gerechtigkeit, weil die Probleme, die das Quartier belasten, gesamtstädtische oder gesamtgesellschaftliche Probleme sind. Und nicht das Problem der Ausländerinnen und Ausländer! Zum Beispiel die Drogen. Wer kauft denn die Drogen? Zu einem grossen Teil kommen die Leute von auswärts. Wie viele Grossbasler oder Oberbaselbieter Junkies hat das Kleinbasel aufgenommen? Zum Beispiel die Prostitution. Woher kommen denn die Freier? Aus dem Gellert, vom Bruderholz und während den Messen aus der ganzen Schweiz. Das Kleinbasel bietet ihnen allen Unterschlupf. Die Menschen, Schweizer und Ausländer, die im Kleinbasel wohnen, leben tagtäglich damit. Und sie leben gut, weil das Kleinbasel sehr viel zu bieten hat (darüber schreibe ich ein anderes Mal).

Im unteren Kleinbasel leben die Menschen, dank denen diese Gesellschaft überhaupt funktioniert. Es sind die Frauen, die euren Dreck wegputzen. Die Männer, die eure Häuser bauen. Die Menschen, die eure Eltern pflegen. Pflichtbewusst und ohne grosses Murren. Bleibt ihr doch in euren Einfamilienhäuschen und geniesst euren Wohlstand. Oder dann macht diese Arbeit selber. Ich empfehle allen, die über das Kleinbasel herziehen und einer segregationistischen Politik das Wort reden, mal den Besuch in einer Grossstadt. Dort könnten sie mal wirkliche Ghettos sehen. Dort lässt sich beobachten, was passiert, wenn die Gesellschaft auseinanderdriftet. Soweit sind wir in Basel glücklicherweise noch nicht. Ich will, dass das so bleibt. Dazu braucht es eine Politik des sozialen Ausgleichs. Die Marktfetischisten auf der rechtsbürgerlichen Seite wollen genau das Gegenteil. Damit schüren sie den sozialen Unfrieden. Wer Wind säht, wird Sturm ernten, steht schon in der Bibel. Lassen wir es nicht so weit kommen. Diese Gesellschaft ist multikulturell. Get over it.

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