1.Mai-Rede von Pascal Pfister, Vize-Präsident der Sozialdemokratischen Partei Basel-Stadt

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Seit drei Jahren steht der 1. Mai im Schatten von wirtschaftlichen Krisen. Vor drei Jahren auf dem Höhepunkt der Bankenkrise glaubten viele, dass das Ende des Neoliberalismus eingeläutet sei. Das Wirtschaftssystem hatte offensichtlich versagt. Niemand glaubte, dass die Politik einfach so weitermachen würde wie bisher. Sogar bürgerliche Kreise zeigten sich selbstkritisch und forderten Eingriffe, die sie zuvor noch als sozialistisch gebrandmarkt hatten. Aber passiert ist nach den schönen Reden nicht sehr viel.

Wo stehen wir heute? Heute redet man in den bürgerlichen Kommentarspalten nicht mehr von einer Bankenkrise, sondern von einer Staatsschuldenkrise! Das ist ein Skandal: Die Staatsschulden haben sich in Europa wegen der Bankenrettung verdoppelt. Aber jetzt sind es die Menschen, die einen enorm hohen Preis dafür bezahlen in Europa, in Griechenland, Italien oder Spanien:

•    Ihre Löhne und Renten werden massiv gekürzt.
•    Eine immense Arbeitslosigkeit grassiert. Besonders bei den Jungen.
•    Lang erkämpfte Arbeitnehmerrechte werden praktisch über Nacht abgeschafft.
•    Und die Ausgaben für Gesundheit und Bildung werden drastisch zusammengestrichen.

Diese Menschen in Europa haben unsere Solidarität verdient.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: in den letzten Jahren sind wir hier gestanden und haben immer wieder gesagt: Diese Krise ist die Krise des entfesselten Finanzkapitalismus. Sie ist nicht die Krise des Sozialstaates. Eines Sozialstaates, für den viele von uns jahrelang gekämpft haben. Deshalb haben wir gefordert, dass nicht wir an die Kasse kommen. Sondern diejenigen, die jahrelang von diesen Machenschaften profitiert haben. Überall in Europa gingen die Menschen auf die Strasse und skandierten trotzig wie wir: Eure Krise bezahlen wir nicht!

Leider hat sich nur wenig verändert. Auch bei uns nicht. Sobald die Gewinne der Firmen auch nur ein bisschen einbrechen, zahlen sofort die Angestellten die Zeche durch:
•    Längere Arbeitszeiten
•    Lohnkürzungen
•    Lohnauszahlungen in Euro
•    Und Entlassungen
Gewinne und Managerlöhne stehen über allem!

Dagegen kämpft die SP an. Durch die Boni-Steuer, die Anita Fetz im Ständerat aufs Tapet gebracht hat. Durch die 1:12 initiative der Juso. Das wäre mal eine handfeste Massnahme!
Die Lohnschere hat sich in den letzten Jahren weiter massiv geöffnet. Das ist nichts Neues. Das hören wir seit Jahren. Und das führt dazu, dass viele den Glauben an eine Veränderung verloren haben. Sie werden apolitisch und desinteressiert. Es gibt dazu einen zynischen Spruch: Wäre die Welt eine Bank, sie hätten sie schon längst gerettet.

Aber ich will nicht beim Zynismus stehen bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der heutige Tag, der 1. Mai, steht für eine Alternative dazu. Es war eine weltumspannende Bewegung, die vor über 100 Jahren erstmals zu diesem Feiertag aufgerufen haben.
Es war eine Bewegung mit langem Atem, die  allen Rückschlägen zum Trotz grossartige Erfolge erreicht hat. Eine Bewegung, die gezeigt hat, dass auch die vermeintlich Machtlosen vermeintlich Unvorstellbares erreichen können. Wenn sie zusammenstehen.

Diese Bewegung hat einiges erreicht. Gerade auch auf lokaler Ebene. Zum Beispiel als sie nach dem 2. Weltkrieg in Basel an der Macht war. In der Zeit des roten Basels wurde vieles geschaffen, das bis heute Bestand hat. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurden viele grosse öffentliche Projekte durchgeführt. In der Chemie und in anderen Branchen wurden Gesamtarbeitsverträge eingeführt. Der Sozialstaat wurde ausgebaut.  Und es wurden in nur acht Jahren ca. 6000 Genossenschafts- und Kommunalwohnungen gebaut; über 50% des heutigen Bestandes an Genossenschaftswohnungen sind in diesen Jahren entstanden. Noch heute können viele Menschen in dieser Stadt günstig wohnen, weil man damals im roten Basel eine Boden- und Wohnraumspolitik betrieben hat, die wirklich nachhaltig war. Die Linken von damals dürfen stolz sein, auf das was sie erreicht haben.

Aber auch in der Gegenwart kann die Linke Erfolge vorweisen. Seit 8 Jahren stellen die SP und das Bündnis aus Grünen und Basta eine linke Regierungsmehrheit. Nach über 50 Jahren bürgerlicher Dominanz konnten endlich wir wieder die politischen Akzente in dieser Stadt setzen. Herauszustreichen ist die Steuerpolitik unserer Regierung. Eva Herzog verstand es eine Steuerreform anzustossen, die vorsichtig, nachhaltig und sozial ausgestaltet ist. In dieser Stadt wurden nicht ausschliesslich die Reichen und Grosskonzerne wie in anderen Kantonen mit Steuererleichterungen bedacht. Nein, wir haben vielmehr die unteren und mittleren Einkommen massiv entlastet. Wohin uns eine reine wirtschaftsliberale und gegenüber der normalen Bevölkerung blinden Steuerpolitik hinführt, seht ihr alle mit einem Blick ins Baselbiet. Die Abbau- und Sparmassnahmen, wie sie jetzt die Bürgerlichen im Baselbiet unter Krokodilstränen beschliessen, haben wir verhindern können. Nicht nur das – wir dürfen uns weiterhin über Überschüsse freuen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Politik ist rot und unsere Zahlen sind schwarz!

Trotz diesen Erfolgen. Vielen ist nicht bewusst, dass die Linke im  Grossen Rat eine Minderheit darstellt. Unsere Regierung muss immer wieder gegen die vereinte Kraft der bürgerlichen Allianz antreten. Basel-Stadt ist noch weit davon entfernt, allen heutigen Herausforderungen eine linke Politik entgegenzusetzen. Die Krise der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Rezepte der Bürgerlichen allzu oft nur auf bitteren Placebopillen beruhen. Wir zusammen müssen eine Wende herbeiführen und selbstbewusst auf unsere Ideen, Vorschläge und Lösungen verweisen. Wir können diese zur Anwendung bringen. Wir müssen. Dazu brauchen wir im Grossen Rat wieder eine linke Mehrheit. Zusammen können wir sie holen und zusammen können wir unserer Bewegung einen neuen Schwung verschaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist an der Zeit, dass wir wieder ein rotes Basel schaffen.

Der 28. Oktober 2012 bietet uns eine weitere Gelegenheit dieses Ziel zu verwirklichen. An diesem Tag stehen die Regierung- und Grossratswahlen für Basel-Stadt an. Ich stehe heute hier oben auch als Vertreter der Sozialdemokraten. Ich will euch darum näherbringen, wie ein rotes Basel aus sozialdemokratischer Sicht aussieht. Basel hat sich unter der rot-grünen Regierung erfolgreich entwickelt und bietet ein hohes Mass an Lebensqualität. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Erfolgsgeschichte allen, die hier leben, zugute kommt. Wohne, Schaffe und Läbe sollen in Basel so zusammenhängen, dass sich alle zu Hause fühlen. Niemand soll an den Rand gedrängt werden. Dafür werden wir von der SP einstehen, denn gemeinsam bringen wir Basel am besten voran für eine erfolgreiche Zukunft unserer Stadt. In der Regierung, im Grossen Rat und in den Quartieren!

Wohne, Schaffe, Läbe. Für alle statt für wenige. Dafür steht die SP in Basel ein. Aber was heisst das konkret? Ich möchte das an drei Punkten verdeutlichen, nämlich 1. an der Wohnpolitik, 2. am Thema Arbeit und 3. an der Steuerpolitik.

I. Wohnpolitik

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Für ein gutes Leben ist das Wohnen ganz wichtig. Viel zu wichtig, um es allein privaten Investoren und Spekulanten zu überlassen. Man muss sich das mal vorstellen: Mit Immobilien werden höhere Profite erzielt alsmit den Banken. Wenn der Wohnraum knapp wird, dann streichen sich die Hausbesitzer einen fetten Extraprofit ein. Das sehen wir in Zürich, Zug und anderswo, wo die Preise in den letzten Jahren rasant angestiegen sind. Leider geht die Entwicklung in Basel in die gleicheRichtung. Lang hat sich die Basler Politik vor allem um Wohnungen für reiche Steuerzahler gekümmert. Jetzt ist es Zeit, die Wohn- und Bodenpolitik wieder für die Normalverdiener zu betreiben. Die SP will dafür sorgen, dass niemand verdrängt wird. Dass auch in Zukunft zahlbare Wohnräume für alle zur Verfügung stehen.

Die SP fordert:
•    Erhöhung des Anteiles an gemeinnützigen Wohnungsbau
•    Der Kanton verkauft keinen Boden mehr, sondern vergibt ihn im Baurecht an gemeinützige Wohnbauträger..
•    Frei werdende Flächen sollen zu bevorzugten Konditionen an Genossenschaften und Stiftungen vergeben werden.
•    Der Kanton muss griffige Regeln gegen die Immobilienspekulation beibehalten.
•    Zudem soll er selbst wieder günstige Wohnungen bauen und betreiben

Vor über 60 Jahren hat das rote Basel den genossenschaftlichen Wohnungsbau gefördert. Das war eine weise Investition in die Zukunft. Wir sollten diese Geschichte wiederholen. Denn: Die Genossenschaften von heute sind die günstigen Mieten von morgen. Investieren wir in die Zukunft und schaffen wir ein Basel, in dem weiterhin alle ihren Platz finden.

II. Arbeit

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wohne, Schaffe, Läbe betrifft ganz viele Politikbereiche. Einer davon ist die Arbeit.  

Basel ist ein sehr erfolgreiches wirtschaftliches Zentrum. In den letzten Jahren sind in unserer Region Tausende von Arbeitsplätzen neu geschaffen worden. Viele dieser Stellen wurden mit Zuwanderinnen und Zuwanderern besetzt. :  Wir sind froh um diese Menschen den wir haben nicht genügend qualifizierte Schweizer und Schweizerinnen um z.B. im Gesundheitswesen die  vorhandene Arbeit abdecken zu können.

Die Zuwanderung hat die Wirtschaft in der Schweiz ermöglicht, weiter zu wachsen und noch mehr Wohlstand zu schaffen. Trotzdem beschleicht viele ein Unbehagen. Krasse Fälle von Lohndumping lassen aufhorchen. Schlechte Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen sind inakzeptabel und der Schweiz nicht würdig.  

Es braucht mehr Schutz! Wir von der Linken müssen dafür sorgen, dass der wirtschaftliche Erfolg allen zugutekommt und niemand an den Rand gedrängt wird.

Die SP fordert:
– mehr und bessere Gesamtarbeitsverträge mit garantierten Mindestlöhnen.
– In besonders prekären Bereichen soll der Staat mit Normalarbeitsverträgen die Mindestbedingungen schützen.
– Es braucht eine Qualifizierungsoffensive: mehr Bildung und Weiterbildung für alle. Insbesondere die weniger Qualifizierten.

Wir dürfen nicht zulassen, dass Einheimische und Zugewanderte gespalten werden. Gemeinsam müssen wir für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.

III. Referendum gegen die Gewinnsteuersenkung

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt ein grosses Vorurteil gegenüber uns Linken. Uns wird immer wieder vorgeworfen, wir könnten nicht mit Geld umgehen. Immer wieder wird der Teufel an die Wand gemalt. Wenn die Linken an die Macht kommen, dann ruinieren sie die Finanzen. Das ist der grösste Schwachsinn. Das ist reine Propaganda, die durch die Geschichte und die Fakten schon x-fach widerlegt wurde. Wir sehen das auch in unserer Region. Baselland, bürgerlich geführt, schreibt rote Zahlen. Und im roten Basel haben wir schwarze Zahlen. Dieses Jahr schwarze Zahlen im dreistelligen Millionenbereich. Und da sind die Leute auch noch so dreist und behaupten dies sei so, weil unsere Finanzministerin eine bürgerliche Politik mache. Es könne ja nicht sein, dass eine linke Regierung mit einem linken Programm eine solide und nachhaltige Finanzpolitik betreibt. Aber unser Programm ist die Steuerbefreiung des Existenzminimums, die Entlastung der arbeitenden Bevölkerung die Sanierung der Staatsfinanzen sowie die Investition in die Bildung und in den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs. Dafür stehen unsere Regierungsräte und dafür steht die SP.
Das ist etwas komplett anderes als die bürgerliche Privatisierungs- und Steuersenkungspolitik für die Reichen!
Die SP-Regierungsräte leisten gute Arbeit. Aber in einem Punkt haben wir eine andere Meinung als sie. Wir lehnen die weitere Senkung der Unternehmensgewinnsteuern auf 18 Prozent entschieden ab.

1. Die Unternehmenssteuern wurden bereits stark gesenkt
In den letzten Jahren wurden durch Steuersenkungen für Firmen auf Einnahmen von über 100 Millionen Franken verzichtet. Es gibt Leute, die halten das Referendum für unternehmerfeindlich. Ich bin andrer Meinung: Profitable Unternehmen sollen die Gesellschaft mitfinanzieren, von der sie offensichtlich profitieren,. Schliesslich gibt es ja auch einen Verfassungsgrundsatz, der sagt, dass man nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird.

2. Die mittleren und unteren Einkommen kommen nicht vom Fleck
Normalverdiener, vorab Familien, können kaum vom wirtschaftlichen Wachstum profitieren. Lohnerhöhungen und Steuersenkungen werden durch steigende Krankenkassenprämien und Wohnkosten aufgefressen.

3. Der Gewinnsteuerwettbewerb führt in die Sackgasse
Von den entlasteten Unternehmensgewinnen profitieren vor allem die Aktionäre und die Chefetagen. Diese Entwicklung treibt die Schere zwischen Arm und Reich weiter an.

4. Vorsicht ist geboten
Basel hat solide Staatsfinanzen. Auch mittel- und langfristig wollen wir hier keine Baselbieter Finanzverhältnisse. Wir wollen die Erfolgsgeschichte weiterführen und dabei die Menschen, die in dieser Stadt leben in das Zentrum unserer Politik stellen.
Die nächste Steuersenkung soll den Normalverdienern zu Gute kommen. Es sind die unteren und mittleren Einkommen, die auch hier immer mehr unter Druck kommen. Wir wollen alle mitnehmen und alle an den Vorteilen einer gesunden Finanzpolitik, die auch die dringend nötigen Investitionen in Soziales, Wohnpolitik und Bildung miteinbezieht, beteiligen. Wenn die Bevölkerung die Gewinnsteuersenkung ablehnt, wird sich die SP dafür einsetzen, dass Wohne, Schaffe, Läbe für alle statt für wenige. Um dieses Ziel zu verwirklichen brauchen wir eine vorsichtige und ausgewogene Steuerpolitik, welche die Menschen statt die Gewinne entlasten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir von der SP setzen uns für diese Politik ein. Es ist eine Politik, die der Mehrheit der Bevölkerung zugute kommt. Es ist klar, dass wir diese Politik nicht alleine in den Parlamenten durchsetzen können. Wir können nur erfolgreich sein, als Teil einer grossen Bewegung. Einer Bewegung, welche die Köpfe und die Herzen der Menschen gewinnt für ein linkes Projekt. Ein Projekt des Wohne, Schaffe, Läbe – für alle statt für wenige! Für das wollen wir mit euch kämpfen

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