Das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform (USR) 3 habe ich aktiv unterstützt. Im Mai habe ich als Präsident der SP Basel-Stadt einen Deal zur kantonalen Umsetzung der Steuervorlage 17 unterzeichnet. Das kann man kritisieren. Ich bitte aber alle, die dies tun, auch meine Argumente zur Kenntnis zu nehmen.

Wir sollten uns den Ausgangspunkt der heutigen Vorlage in Erinnerung rufen: Die vorliegende Unternehmenssteuerreform ist nötig, weil die OECD unser aktuelles Steuerregime nicht mehr akzeptiert. Und das ist auch gut so. Als Sozialdemokrat unterstütze ich die Aufhebung der Holdingbesteuerung und die Gleichbehandlung aller Unternehmen, weil sie alle gleich von unserer gut ausgebauten Infrastruktur, von unseren gut ausgebildeten Arbeitskräften und guten Rahmenbedingungen profitieren. Und deshalb ist es nur gerecht, wenn sich alle auch an diesen Kosten beteiligen.

Jetzt ist der letzte Reformversuch an der Urne sehr deutlich gescheitert. Das Stimmvolk hat die USR3 zu Recht als zu einseitig beurteilt. In dieser Vorlage haben Massnahmen zur Gegenfinanzierung und zum sozialen Ausgleich komplett gefehlt. Dass es nach der Ablehnung der USR3 eine neue Vorlage geben wird, das war immer klar. Die Alternative ist, dass die OECD die Schweizer Unternehmen auf eine schwarze Liste setzt. Das könnte dann sehr wohl dazu führen, dass Unternehmen abwandern. Mit schwerwiegenden Konsequenzen für unsere Staatshaushalte und die Arbeitsplätze. Das kann man riskieren. Ich für mich möchte das nicht und bin deshalb überzeugt, dass es zeitnah eine Vorlage braucht.

Gegenfinanzierung und sozialer Ausgleich

Auf nationaler Ebene haben die Parlamente nun einen Kompromiss verabschiedet. Die Bürgerlichen kommen der Linken bei der AHV-Finanzierung (sozialer Ausgleich) entgegen, die Linken verzichten teilweise auf eine höhere Pflicht-Gegenfinanzierung in den Kantonen (Teilbesteuerung Dividenden von 50% statt 70% im Vorschlag des Bundesrates). Diese 2 Mia. CHF für die AHV sind durchaus ein Erfolg. Auch wenn sie über Lohnprozente generiert werden. Das ist das sozialste Finanzierungssystem. Eine MWST-Erhöhung trifft die Leute mehr. Lohnprozente finanzieren die Arbeitgeber mit und die Umverteilung ist bei der AHV massiv: 90% erhalten mehr als sie einzahlen. Es ist kein Ausbau der AHV. Der wurde von einer unheiligen Allianz von Rechtslibertären und Linksaussen bei der AV2020 an der Urne versenkt. Aber eine nötige Stabilisierung, die der Linken Raum gibt, um ihre Energie auf fortschrittliche Projekte zu fokussieren. Man kann es auch Verschnaufpause nennen.

Gegenfinanzierung und sozialer Ausgleich war auch das, was wir als SP in der Basler Vorlage herausholen wollten. Und das haben wir geschafft. Trotz einer rechtsbürgerlichen Mehrheit im Parlament. Aus den anderen Kantonen kam viel Kritik wegen unserer Umsetzung. Darum zum Schluss hier zwei wichtige Punkte, um unsere Handlungsweise nachzuvollziehen. Die bisher besonders besteuerten Statusgesellschaften zahlen in Basel-Stadt knapp 500 Mio. CHF Steuern, das sind 60% der Gewinn- und Kapitalsteuern, sie machen 20% der Beschäftigten und 48% der Wertschöpfung aus. Davon profitieren auch unsere Nachbarkantone Baselland und Aargau. Wegen des reduzierten Steuersatzes für Statusgesellschaften beträgt die durchschnittliche Gewinnsteuer heute vor der SV17 im Kanton Basel-Stadt 12.6%.

Höhere Steuern für Holdinggesellschaften, keine Senkung für Novartis und Roche

Mit der kantonalen Umsetzung der SV17 werden nun Holdinggesellschaften (ohne Patentbox) 5.2% mehr Steuern zahlen. Novartis und Roche statt 10-11% neu 11-13% (je nach Wirksamkeit der Patentbox). Die grossen Profiteure sind die KMU, die ordentlich besteuerten Gesellschaften. Ihr Steuersatz reduziert sich von aktuell 15-22% auf 11-13%. Insgesamt kostet das 200 Mio. CHF.

Besteuerung neu und alt

50% der Senkungen  gegenfinanziert oder an Bevölkerung weitergegeben

Die Basler Vorlage enthält eine Gegenfinanzierung. Die Erhöhung der Dividendenbesteuerung auf 80% ist bis dato schweizweit die höchste.  Dann wird ein ziemlich beachtlicher Teil der Steuererlasse über die Familienzulagen direkt an die Bevölkerung weitergegeben. Vereinfachend kann man sagen, dass von den 200 Mio. Senkungen an die Unternehmen 30 Mio. bei der Dividendenbesteuerung wieder hereingeholt werden und 70 Mio. direkt an die Bevölkerung weitergegeben werden müssen. Die Erhöhung der Familienzulagen, bei denen Basel-Stadt schweizweit ganz hinten und nur vor Zürich liegt, ist ein Riesenerfolg. Natürlich kommen Sie nur den Familien zu gute. Das Entscheidende daran ist, dass diese soziale Ausgleichsmassnahme nicht zulasten des Staatshaushaltes geht, sondern durch diejenigen Unternehmen finanziert werden, die dank der Abschaffung der Holdingbesteuerung wie die Jungfrau zum Kind zu 200 Mio. Steuerreduzierung kommen.

 Gegenfinazierung und sozialer Ausgleich

Die SV17 ist weder national noch kantonal linke Vorlagen. Ich bejuble sie nicht und halte sie auch nicht für einen „historischen Kompromiss“. Aber ich denke, sie sind nahe am Maximum dessen, was sich angesichts der politischen Kräfteverhältnisse in unserem Land aktuell für die Linke herausholen lässt. Und auch durch ein Referendum gegen die SV17 werden wir dieses Kräfteverhältnis nicht ändern.

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